„Die Welt ist nicht schwarz und weiß. Die Welt ist bunt!“

Am 1. Dezember hat die Theatergruppe Q-Rage im Rahmen des Präventionsprojektes „Achtung?!“ eine Aufführung für die Neunt- und Zehntklässler des Studienkollegs auf der Bühne der Kulturhalle Blönried inszeniert. 60 Minuten intensives Theatererleben und viele Denkanstöße.

Schulleiter Klaus Schneiderhan begrüßte die in großen Abständen platzierten Jugendlichen, deren LehrerInnen und die Vertreter der Polizei Ravensburg, vor allem Polizeipräsident Uwe Stürmer. Er bedankte sich insbesondere bei Dagmar Lippik und Thomas Unglert, die das Projekt gemeinsam mit der Polizei Ravensburg in Blönried möglich gemacht hatten. Seine Begrüßungsrede schloss er mit der Bitte, sich auf das Thema des Stückes einzulassen. Polizeipräsident Uwe Stürmer betonte anschließend, dass er in seiner Laufbahn etlichen jungen Menschen begegnet sei, die an einem Punkt ihres Lebens nicht mehr ihrer inneren Stimme, die Achtung und Respekt gebiete, gefolgt seien. Umso wichtiger seien ihm Präventionsprojekte wie dieses. Es wird koordiniert vom „Kompetenzzentrum gegen Extremismus in Baden-Württemberg (konex)“.

Was wurde gezeigt? Zwei fiktive Jugendliche, Lina und Tarek, – vom Schauspielteam Marlies Bestehorn und Daniel Neumann authentisch, kraftvoll und sensibel gespielt – sind Sandkastenfreunde. Doch dann muss Lina wegziehen, weil ihr Vater eine neue Stelle in Bayern annimmt. Tarek bleibt ohne seine beste Freundin zurück, Lina ist allein in ihrem neuen Dorf. Beide leiden unter ihrer Situation und finden zunächst keinen Trost. Doch dann finden sie neuen Anschluss, sie werden beide in jeweils unterschiedliche extremistische Kreise gezogen. Tarek, dessen Vater Türke ist, in eine militante islamistische Organisation. Lina lernt einen Jungen kennen, der sie mit Rechtsrock und geschickter Beeinflussung ins rechtsextreme Milieu zieht. Als die beiden sich schließlich an ihrem alten Lieblingsort wiedertreffen, ist von der innigen Freundschaft nichts mehr übrig. Ihr Wiedersehen endet im Streit: Sie beschimpfen und verletzen sich, schreien sich wütende Hassparolen an den Kopf. Es gelingt ihnen nicht, den Weg zueinander wiederzufinden. Jeder bleibt in seinem Tunnel stecken. Beide Lager brauchen einen Sündenbock – etwas, worauf sie ihren Hass projizieren können. Das sind Lina und Tarek nun füreinander geworden: Hassobjekte. Ihre Welten sind grundverschieden und Toleranz oder Respekt gibt es in diesen radikalen und menschenverachtenden Weltanschauungen nicht.

„Die Welt ist nicht schwarz und weiß. Die Welt ist bunt!“ – so die glasklare Botschaft am Ende der Aufführung. Die Schülerinnen und Schüler verfolgten das Stück interessiert, gespannt und konzentriert. Die unglaubliche Energie des Spiels ließ emotionale Momente sehr präsent werden. Dass es jedoch nicht nur um das Mitfühlen ging, sondern vor allem um die kritische Reflexion des Gezeigten, wurde in den Fragerunden zwischen den Szenen deutlich. Dann traten die Schauspieler aus ihren Rollen heraus und begannen mit dem Publikum einen Dialog. Dabei überlegten die Jugendlichen, warum Lina und Tarek von ihren ursprünglichen Zielen einer freien und gerechten Gesellschaft so extrem abrückten. Sehnsüchte und Fragen von Jugendlichen wurden thematisiert, genauso wie der Prozess der Radikalisierung: „Ist Lina ein Nazi?“ – „Woran kann man eigentlich erkennen, dass jemand radikalisiert ist?“ – „Welche Probleme hat Tarek?“ - „Wie konnte es funktionieren, dass Lina und Tarek am Ende in ihrem Hass gefangen sind?“

Zum Projekt „Achtung?!“ gehört neben dieser Theaterinszenierung auch ein Elternabend und eine Nachbereitung des Stückes. So haben die Neunt-und Zehntklässler eine weitere Gesprächsmöglichkeit zu diesen Fragen und Themen.

Die eindringliche Botschaft des Projektes lautet: Es gibt nie nur eine Lösung. Wir brauchen Respekt und Toleranz. Wir brauchen Freiheit und eine starke Demokratie, die uns diese Werte sichert. (Ki)

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